Im Rahmen der Personalpolitik umfasst die Mitarbeiterbindung alle Maßnahmen, die ein Unternehmen ergreift, um seine Mitarbeiter so lange wie möglich zu halten oder an das Unternehmen zu binden. Die systematische Bündelung verschiedener Maßnahmen wird auch als Mitarbeiterbindungsprogramm bezeichnet und umfasst verschiedene positive Anreize, um qualifizierte Mitarbeiter/innen zu gewinnen und zu halten. Unternehmen, die Wert auf Mitarbeiterbindung legen, zeigen damit auch, dass sie die Beschäftigten als ihr wichtigstes und wertvollstes Kapital (Humankapital) betrachten und entsprechend handeln.
Ziel der Mitarbeiterbindung und der daraus resultierenden Maßnahmen sollte es sein, talentierte, engagierte, leistungsbewusste und qualifizierte Mitarbeiter anzusprechen und zu halten, die für das Unternehmen besonders interessant und für den Erhalt von Fähigkeiten und Leistung wichtig sind. Mitarbeiterbindung verringert die Abwanderung von Mitarbeitern, d.h. die Fluktuation, was vor allem in Führungs- und Schlüsselpositionen wichtig ist, reduziert hohe Trennungskosten, stärkt das Betriebsklima und die Kontinuität der Zusammenarbeit und trägt zu einem positiven Arbeitgeberimage und Employer Branding bei. Mitarbeiterbindung ist oft auch für Schlüsselqualifikationen wichtig, die auf dem Arbeitsmarkt nur schwer oder gar nicht zu finden sind.
Arten
Es gibt verschiedene Formen der Mitarbeiterbindung. Je nach den Stärken des Unternehmens und der einzelnen Mitarbeitersegmente werden Maßnahmen auf den Ebenen Teamklima, Unternehmenskultur und Vorgesetzte eingesetzt, um die emotionale Bindung zu stärken. Bei der kalkulatorischen Bindung wägt der Arbeitnehmer ab, welche Vor- und Nachteile er im Unternehmen im Vergleich zu anderen Stellen mehr nutzen kann und was seinen Interessen und Zielen mehr entspricht (Gehalt, Karriereziele, Beschäftigungsfähigkeit usw.). Bei der qualifikationsorientierten Bindung stehen Entwicklungsmöglichkeiten, Weiterbildungsangebote, Arbeitsinhalte und die Mitarbeiterentwicklung im Vordergrund. Diese Art der Mitarbeiterbindung ist besonders effektiv, weil High Potentials und motivierte Mitarbeiter in besonderem Maße darauf ansprechen und der Beitrag des Unternehmens und der Einfluss auf das Leistungsniveau hoch ist.
Maßnahmen und Instrumente
Maßnahmen und Handlungsfelder sind vorhanden und finden sich in der Unternehmenskultur, der Führungspolitik mit sozial kompetenten Führungskräften, in spezifischen Dienstleistungen des Personalmanagements und in der Personalpolitik und -strategie (Personalentwicklung, Tarifpolitik, Förder- und Nachwuchsprogramme und mehr). Es gibt mehrere Instrumente zur Mitarbeiterbindung: überdurchschnittliche Beschäftigungsbedingungen (z.B. Löhne, Prämien, Lohnnebenleistungen, Unkündbarkeit), Urlaub, Auszeichnungen oder Belohnungen für langjährige Mitarbeiter/innen durch Incentives, Arbeitsplatzsicherheit, Mitarbeiterbeteiligung (durch Mitarbeiterkapitalbeteiligung wie Belegschaftsaktien oder Mitarbeiterbeteiligung am Gewinn) , Förder- und Nachwuchsprogramme, die Möglichkeit längerer Auszeiten (Sabbaticals) und – entsprechend einem immer größer werdenden Bedarf – Angebote im Bereich Work-Life-Balance und betriebliche Gesundheitsförderung. Aber auch
– Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven,
– attraktive und herausfordernde Aufgaben,
– fähigkeitsfördernde Weiterbildungsmöglichkeiten,
– attraktive, flexible Arbeitszeitmodelle,
– sinnvolle Tätigkeiten, Ziele und Perspektiven,
– Spielraum für Verantwortung und Freiheit,
– Möglichkeiten, Entscheidungen zu treffen und sich zu beteiligen
sind wichtige und oft erfolgreiche Maßnahmen. Ein gutes Arbeitsklima, moderne Führungsinstrumente, eine Unternehmenskultur, die die Beschäftigten respektiert und unterstützt, sowie eine attraktive, leistungsorientierte Gehaltspolitik, Karriereberatung und Karriereangebote sind ebenfalls Faktoren, die für die Mitarbeiterbindung relevant sind. Es gibt immer mehr Hinweise und Studien, dass immaterielle und emotionale Faktoren wichtiger und nachhaltiger sind als materielle Vorteile wie hohe Löhne oder Boni.
Die Wahl der geeigneten Instrumente
Die Wahl der am besten geeigneten Instrumente wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Dies sind in erster Linie die Mitarbeiterstruktur, d.h. Alter, Familienstand, Bildungsniveau, Geschlecht, familiärer Hintergrund, durchschnittliche Verweildauer im Unternehmen und weitere Faktoren einerseits und die Bedürfnisse der Mitarbeiter andererseits. Oft ist es auch sinnvoll, für einzelne Mitarbeitersegmente unterschiedliche Bindungsinstrumente einzusetzen, z. B. nach Funktion, Bildungsstand, Position, Lebenszyklus usw. Bei der Auswahl von Bindungsinstrumenten und -maßnahmen ist es wichtig, dass diese mit den Unternehmenszielen, -strategien und -werten einerseits und den Anforderungen und Bedürfnissen der Beschäftigten andererseits übereinstimmen und dass diese Übereinstimmung auch von Beschäftigten und Führungskräften anerkannt wird. Es ist wichtig, bei der Personalrekrutierung auf bindungswillige und -fähige Mitarbeiter/innen zu achten (Lebenslaufanalyse, Arbeitsmotivation, hohe Identifikationsbereitschaft mit Aufgaben und Unternehmen etc.) und solche Bewerber/innen zu bevorzugen, da diese Unternehmen dann auch von dem Druck permanenter und teilweise hoher Kosten für Bindungsmaßnahmen entlastet werden.
Einführung und Konzeption
Die Umsetzung von Maßnahmen sollte auf einer systematischen Analyse der Ist-Situation und des Problems beruhen und konsequent auf die Ursache und den Bedarf bezogen sein. Die Fokussierung auf die Problemlösung und den Bedarf kann z.B. durch eine Mitarbeiterbefragung unterstützt und in Mitarbeitergesprächen ermittelt werden. Die Maßnahmen sollten auf die Bedürfnisse bestimmter Mitarbeitersegmente zugeschnitten und differenziert sein (Alter, Bildungsstand, Familienmitglieder, Schlüsselpositionen usw.), die Beschäftigten sollten in die Entscheidungen einbezogen werden und die Maßnahmen von Anfang an aktiv mitgestalten können. Vor allem sollten Maßnahmen zur Stärkung der Mitarbeiterentwicklung und -qualifizierung ergriffen werden, mit denen ein besonders nachhaltiger und substanzieller Bindungseffekt erzielt wird und talentierte und qualifizierte Mitarbeiter/innen gehalten werden.